Betrachten wir die Angelegenheit als abgeschlossen

Italien, 1973

Originaltitel:

No il caso è felicemente risolto

Alternativtitel:

Zeuge unter Mordverdacht (D Ost)

No il caso è felicemente risolto (IT

Regisseur:

Vittorio Salerno

Inhalt

"Am Ufer des Sees im Schilf, da war ich Zeuge eines grausamen Mordes.... Es war gegen vier Uhr Nachmittags, als ich gerade... ich befand mich auf meinem Boot. Ich hielt Siesta und plötzlich... auf einmal hörte ich eine Frau um Hilfe rufen. Als ich daraufhin aufstand, sah ich am Ufer ungefähr 100 Meter vor mir etwas Furchtbares. Einen Mann der mit einem Knüppel oder einer Eisenstange auf eine Frau einschlug. Ein regelrechtes Massaker von abstoßender Bestialität. Verzeihen Sie meine Erregung, aber es war so entsetzlich..."

 

Eigentlich wollte sich Fabio Santamaria (Enzo Cerusico) beim Angeln von den Strapazen der Arbeitswoche an einem ruhigen See erholen und dabei genüsslich der Fußballberichterstattung im Radio lauschen, da wird sein Erholungstrip plötzlich durch kläglich Hilfeschreie einer Frau jäh unterbrochen und plötzlich breiten sich dunkle Wolken über dem Gewässer aus.

 

Aufgeschreckt von dem herzzerreißenden Geschrei möchte Fabio nach dem Rechten sehen und und bahnt sich seinen Weg durch die am Ufer des Sees gelegene Schilflandschaft. Urplötzlich wird er Zeuge eines grausamen Mordes, bei dem ein älterer, grauhaariger Mann eine hilflos am Boden liegende Frau mit einem Knüppel auf grausamste Weise zu Tode malträtiert. Doch zu seinem Pech wird er von dem Täter entdeckt und steht diesem schon im nächsten Augenblick von Angesicht zu Angesicht gegenüber.

 

Nach Überwindung des ersten Schockmoments, tritt er reflexartig die Flucht in Richtung seines am Landweg geparkten Mini Morris an, um den schrecklichen Vorfall schnellstmöglich bei der Polizei anzuzeigen.

 

Doch bis zum nächsten Polizeirevier in der Stadt ist es noch ein weiter Weg und plötzlich hängt Fabio auch noch der unbekannte Mörder mit seinem Wagen im Nacken.

 

Kaum nach Erreichen der städtischen Grenze möchte er sofort dem ersten Verkehrspolizisten am Strassenrand seine unglaubliche Beobachtung schildern, doch da er mit einem spontanen Abbremsmanöver auf einer dicht befahrenen Strasse den folgenden Verkehr blockiert, zwingt ihn der Polizist zur Weiterfahrt, bevor er sich diesem mitteilen kann.

 

Frustriert und völlig überfordert mit dieser nicht gerade alltäglichen Situation trifft der Familienvater schlagartig für sich die Entscheidung, die Anzeige telefonisch von zuhause aus aufzugeben.

 

Doch aufgrund der bedrohlich wirkenden Stimme des Gesetzes am Telefon bricht er panisch und angsterfüllt sein Vorhaben wieder abrupt ab und geht daraufhin zunächst einmal zu Bett.

 

Eine sehr fatale Entscheidung!

 

Denn zwischenzeitlich ist der gewissenlose Killer auf dem nächstgelegenen Kommissariat aufgelaufen, um sich dort ganz dreist als Zeugen der grausamen Mordtat auszugeben. Beim dem gewissenlosen Mordsbuben handelt sich um den stadtbekannten und angesehenen Professor Eduardo Ranieri (Riccardo Cucciolla), der mit geschockter Mine der Polizei den Verlauf des grausamen Tatverlaufs aus seinem “frei erfundenen” Blickwinkel schildert und hinterlässt dabei eine Täterbeschreibung, die detailgenau auf den ahnungslosen und unschuldigen Fabio zutrifft.

 

Dieser ist sich am nächsten Morgen hinsichtlich seiner weiteren Vorgehensweise immer im Unklaren und nach einem Blick in die Tageszeitung steigt die Verunsicherung in ihm um ein Weiteres an: Entsetzt muss er fest stellen, dass ihm der Täter zuvor gekommen ist und sich bei der Polizei als Zeuge der schrecklichen Mordtat ausgegeben und dabei eine auf seine Person zutreffende Täterbeschreibung  zu Protokoll gegeben hat. Fabio weiß plötzlich nicht mehr wie ihm geschieht und wie er sich jetzt überhaupt noch verhalten soll. Paranoia macht sich breit!

 

"Unglaublich. Die Welt steht Kopf. Fehlt nicht viel und ich bin plötzlich der Mörder. Natürlich, dann würde es einen armen, wehrlosen Burschen treffen, mich. Wo ich doch gar nichts getan habe. Soweit kommt's noch. Nein, nein, ich gehe zur Polizei. Das Ding läuft nicht...

 

Ja, aber wenn sie mir nicht glauben? was soll ich sagen?

 

Und warum sollten sie mir nicht glauben? Wenn man es sich richtig überlegt, weil ich nichts getan habe. Man hat schon erlebt dass Unschuldige verhaftet worden sind und dann...?"

 

Aufgrund der immer stärker werdenden Paranoia wird bei Fabio jegliches logisches Handeln außer Kraft gesetzt und das Unheil nimmt immer weiter seinen Lauf. Zudem tritt auf einmal der abgebrühte Reporter Don Peppino (Enrico Maria Salerno) auf den Plan, da dieser mal wieder die große Sensation riecht. Peppi ist ein alter Fuchs in seinem Gewerbe, der mit allen Wassern gewaschen ist und sich nicht so schnell  ein X für ein U vormachen lässt.

 

Kann Fabio seinen Kopf letztendlich noch aus der selbstauferlegten Schlinge retten?

 

"Der Vater war Alkoholiker, die Tante hat sich mit den Deutschen eingelassen, also nach der Zeitung wäre er geliefert"

Review

Regisseur Vittorio Salerno (Fango Bollente; Libido) hat mit diesem Werk einen wunderschönen und äußerst spannenden Film abgeliefert, der irgendwie zu meinen absoluten Favoriten zählt.

 

Die Inszenierung kann den Zuschauer von Beginn an problemlos fesseln und lässt ihn dann auch bis zum (eigentlichen) Ende nicht mehr aus ihrem Bann. Die Kamerarbeit zeugt von handwerklichem Können und trägt sehr ansehnliche Bilder zu Tage. Insgesamt verbreitet dieser faszinierende Film ein sehr hohes Maß an bester Italo-Wohlfühlatmosphäre.

 

Sehr auflockernd wirken auch die ständigen Monologe des Hauptprotagonisten mit sich selbst, die durch seine Stimme aus dem Off dar gestellt werden.

 

Die Schauspieler können allesamt in ihren Rollen überzeugen und bieten eine sehr unterhaltsame Darbietung. Höhepunkt des ganzen Spektakels ist der Auftritt von Bruder Enrico Maria Salerno als hartnäckiger Reporter und maßloser Zigarrenraucher. Zudem wäre auch noch die recht gelungene Synchronisation hervorzuheben.

 

Entsetzen bringt leider nur jedes Mal das ca. 13 sekündige und aufgesetzt wirkende Fake Ende mit sich, das dem Film einen um 180° gedrehten Sinn verpasst. Dem Regisseur wurden die Vorgaben für dieses schreckliche Ende von den Produzenten aufgezwungen, da der ursprüngliche Schluss das Gegenteil von einem Happy End dar stellt. Aus diesem Grund wurde das Ganze durch die Produzentenvorgaben schlussendlich veralbert und wer die Wirkung des eigentlich angedachten Endes erleben möchte, der muss halt rechtzeitig die Stop Taste betätigen...

 

Der Score von Riz Ortolani & I Nomadi geht sehr geschmeidig ins Ohr und "Mamma Giustizia" gehört zu den unvergesslichen Soundtrack-Perlen dieser Ära.

 

Eine kuriose Kriminalgeschichte mit paranoiden Zügen.

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